Aktuelles
04.07.2022
LHGV lässt GAV-Verhandlungen erneut platzen
Der angestrebte Gesamtarbeitsvertrag für die Gastronomie- und Hotelbranche hat sich ein drittes Mal in Luft aufgelöst. Für Sigi Langenbahn unverständlich. Nicht nachvollziehbar und "weltfremd" war für ihn dabei die Begründung des Branchenverbandes.
Die Argumente "aus der Luft gegriffen, persönlicher Natur oder einfach weltfremd". Für Sigi Langenbahn, Geschäftsführer des Liechtensteinischen Arbeitnehmerverbandes (LANV), ist schlichtweg nicht nachzuvollziehen, warum sich der Hotel- und Gastronomieverband (LHGV) bereits zum dritten Mal gegen den Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrages (GAV) stellt. Es wurde also ein weiteres Mal viel Geld, Zeit und Herzblut in die Ausarbeitung eines Vertrags investiert – ohne Erfolg. Und das in einer Branche, die unter starkem Fachkräftemangel leidet und von einheitlichen Mindestlöhnen und Rahmenbedingungen profitieren hätte können.
Denn die allgemeingültige Regelung von Arbeitsrecht, Mindestlöhnen oder bezahlten Freitagen sind nur einige der Bedingungen, die in einem GAV festgehalten werden. Nach rund einem Jahr Verhandlungen zwischen LANV und LHGV sollte es nun aber wieder nicht sein. Am Freitag wurde publik, dass die Gastronomen und Hoteliers den GAV nicht abschliessen werden. "Wir sind masslos enttäuscht vom Entscheid des LHGV, zumal wir das Zustandekommen des negativen Entscheids bis heute nicht nachvollziehen können", wie der LANV-Geschäftsführer, Sigi Langenbahn in einer Stellungnahme gegenüber Volksblatt.li festhält.
Schwammige Argumente
Der LHGV begründete seinen Entscheid nämlich mit der Coronapandemie, die die Branche "essenziell geschwächt" habe. Ausserdem sei die Lage bezüglich Energieversorgung und Preisentwicklung der Grundnahrungsmittel derzeit sehr unsicher. Ausserdem stiess die Entrichtung einer GAV-Gebühr bei den Gastronomen auf wenig Verständnis. Doch dieser Beitrag von drei Franken, die pro Angestellten monatlich entrichtet werden, ist gemäss Langenbahn üblich. Durch diesen Beitrag zum GAV-Vollzug würden auch Nicht-LANV-Mitglieder von den Bedingungen im Vertrag profitieren. Wenig nachvollziehbar erscheint das Argument vor dem Hintergrund, dass der Beitrag bei den Angestellten selbst verrechnet wird und nicht vom Verband getragen werden muss. Ausserdem erhielten Mitglieder des LANVs die jährlich entrichteten 36 Franken sogar wieder zurückerstattet.
Von den Gegenargumenten des LHGV bezog sich laut Langenbahn kein einziges auf den konkreten Inhalt des vorgesehenen GAV. "So wurde angeführt, dass sich der LANV in der Vergangenheit nicht immer kooperativ zeigte und den Verband schon öffentlich kritisiert habe", schildert Langenbahn die Begründung des Branchenverbandes. Es scheint also, als hätten persönliche Interessen einiger Gastronomen grossen Einfluss auf den Entscheid des gesamten Verbandes gehabt: "Der springende Punkt war wohl, dass einige Mitglieder mit dem Austritt gedroht hatten, falls mit dem LANV eine Sozialpartnerschaft eingegangene werde", so Langenbahn. Es bleibt vorerst bei drei Versuchen
Ob nun aber tatsächlich "ein paar Schwergewichte dagegen opponiert haben", oder ob der LHGV über den GAV abgestimmt hat, weiss Langenbahn nicht. Eine entsprechende Anfrage beim Vorstand sei ihm bisher nicht beantwortet worden. Und das, obwohl die Verhandlungsdelegation dem LANV noch vor einigen Wochen mitteilte, dass der GAV grundsätzlich angenommen wurde. Jedoch habe man noch zwei kleine Punkte klären wollen. "Von da an blieb der Verband diffus", führt Langenbahn weiter aus. Der LHGV brauche mehr Zeit und man wolle den Vertrag noch mit einem Anwalt prüfen. Zwischenzeitlich habe der LANV dann auch erfahren, dass der Vertrag gar nicht "grundsätzlich angenommen wurde", wie eigentlich behauptet.
Statt einen GAV abzuschliessen, hat sich der Branchenverband gemäss Mitteilung von Freitag schliesslich für eine ARS (Arbeitsrecht und Richtlinien Selbstverpflichtung) entschieden. Damit würden sich die Mitglieder dazu verpflichten, sich künftig unter anderem an das Arbeitsrecht zu halten: "Das ist ja wohl selbstverständlich", so Langenbahn. Alles in allem ist es für den LANV-Geschäftsführer also schlichtweg unverständlich, weshalb der GAV wieder nicht zustande gekommen ist. Und auch einen vierten Anlauf werde man in näherer Zukunft wohl kaum in Angriff nehmen, meinte Langenbahn auf Nachfrage von Volksblatt.li.